Mittwoch, 16. September 2009

Welch ein Glück!

Ich reise im "Tahiti-Virus" mit Maeva, Cording und Steve ja um die Welt und wie ich bereits an anderer Stelle erzählt habe, ist das Internet, ist Wikipedia und Google-Earth dabei äußerst hilfreich. Im letzten Kapitel traf meine kleine Delegation die heute immer noch unter Hausarrest stehende Aung San Suu Kyi. Im Roman ist Burma seit zwölf Jahren von der Militärjunta befreit und Suu Kyi (inzwischen 82) mischt wieder munter mit in der Politik des Landes. Suu Kyi begleitet Maeva im nächsten Kapitel in das Königreich Bhutan im Himalaya, wo das oberste Ziel der Verfassung die nationale Glückseligkeit ist! Das habe ich nicht erfunden, das ist bereits heute fest geschrieben! Um sicher zu stellen, dass der Staat seiner Aufgabe nachkommt, werden die Bürger von Bhutan regelmäßig nach ihrem Glückszustand befragt. Es gibt sogar ein mit modernsten Computern ausgerüstetes Glücksvermessungsbüro. In einem Film, den ich auf 3sat gesehen habe, sagt der Chef dieses Büros die folgenden bemerkenswerten Worte, die ich euch nicht vorenthalten möchte...

"In einigen Teilen unseres Landes haben wir bei der Glückserhebung einen hohen Frustrationsgrad festgestellt. Es lässt sich mit der Befragung ziemlich genau lokalisieren, wo die Frustration am höchsten ist. Wir klopfen alle möglichen Variablen von Unzufriedenheit ab, wir erstellen eine Art Landkarte der Befindlichkeit. Wir messen den emotionalen Querschnitt der ganzen Nation. Damit wollen wir herausfiltern, was die Emotionen der Leute negativ beeinflusst. Wenn man das regelmäßig wiederholt, kann man einen Trend für das Glück festmachen.
Durch die weltweite Finanzkrise kühlt sich die Wirtschaft gerade ab. In gewisser Weise ist es doch genau das, was wir jetzt dringend brauchen. Wir haben endlich die Gelegenheit, langsamer zu werden und die Produktion umweltgerecht umzustellen, auf mehr Freundlichkeit zu achten und die Menschen glücklicher zu machen. In Bhutan leben viele Dörfer noch am Rande des Existenzminimums. Glück und Schicksal sind aber nicht mit Geld verknüpft, sondern mit Butter, Brot und mit menschlichen Kontakten. All das garantieren wir. Ich hatte gehofft, dass die Krise ein Umdenken auf höchstem Niveau mit sich bringt, auf Regierungsebene in Amerika, Europa, Japan. Aber stattdessen reden sie doch nur darüber, wie sie mit noch mehr Geld das Geschwür der Gier am Leben erhalten können. Nichts ändert sich dort draußen ...“

Ob Frau Merkel-Steinmeier überhaupt weiß, wovon der Glückserheber redet? Wohl kaum. In den Streitgesprächen zur Bundestagswahl, die jetzt allabendlich über die Mattscheibe laufen, ist ausschließlich von Geld die Rede. Das Zauberwort heißt - na? Wisst ihrs? Ja, richtig; Wachstum! Von Ökologie ist nur die Rede, wenn sie Arbeitsplätze schafft. Das nenne ich ein mutiges neues Bewußtsein am Rande des Abgrunds. Leute schenkt euch die Wahl, denn ihr habt sie nicht. Zeigt den Politkaspern wo sie hingehören: in den Orkus (in der römischen Mythologie das Totenreich der Unterweltsherrscher)!

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Euer Blog wird immer geiler, inzwischen habe ich sogar meine Eltern dafür begeistern können. Weiter so! Und viel Glück!
Marcus

Anonym hat gesagt…

Dazu ein Artikel gerade heute in der SZ:
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/334/487737/text/print.html

Lari hat gesagt…

Die Politkasper sind, genauso wie wir alle, ein Produkt ihrer eigenen Gedanken. Was nützt es, sie zu beschimpfen, wenn sie (und ihre Gedanken) doch ein Teil von uns sind?! Meine Erfahrungen mit "denen da oben" (Führungskräfte aller Art) und uns anderen ;-) haben mir gezeigt, dass wir alle nur allzu oft gefangen sind in unserer eigenen, von uns zurechtgebastelten Welt. Mir scheint die wahre Herausforderung zu sein, die Andersdenkenden zu inspirieren und sich von ihnen inspirieren zu lassen. Vielleicht hören wir dann auf, die Welt in Lager von Politkaspern und den Guten (uns natürlich) aufzuteilen und ein ganz neues Verständnis zu gewinnen – für uns alle.

Was du über Bhutan schreibst, Dirk, hat mich gerade aus den Socken gehauen. Die nationale Glückseligkeit als oberstes Ziel der Verfassung … Ich kann es nicht glauben … Aber ist der letzte Satz nicht interessant? „Nichts ändert sich dort draußen ...“ Es gibt immer die da draußen. Die, die nicht so denken wollen, wie wir. Ich glaube wirklich, dass dies das Hauptproblem ist. Solange wir uns getrennt sehen von denen, die ganz anders denken, solange wir glauben, dass es die Guten und die Bösen gibt, werden wir unsere Welt weiter zu Schanden richten, denn auch wir sind die da draußen – für die jeweils anderen.

Anonym hat gesagt…

Lari, ich habe lange so gedacht wie Du. Auf die Dauer gesehen und alle Wiedergeburten eingerechnet tarieren sich die Unterschiede zwischen den Menschen aus. Aber der Mensch hat einen freien Willen, in jedem Leben. Und da gibt es eben welche, die an einem spirituellem Wachstum nicht interessiert sind, sondern allein an ihren Vorteilen, welche sich natürlich nur auf Kosten anderer erzielen lassen. Die in ihrer Gleichgültigkeit (über die ich sicher auch verfüge, aber an der es zu arbeiten gilt) zu schlimmen Fingern werden, zu Tätern oder Mitläufern. Ich gebe Dir recht: niemand spreche sich frei von Schuld. Und die Allianzen - hier die "Guten", dort die "Bösen" - sind höchst gefährlich. Dennoch muß es erlaubt sein, gewählte Volksvertreter, die sich erkennbar einer vernünftigen Problemlösung verweigern, weil sie bewußt oder unbewußt der Vernichtung dieses Planeten Vorschub leisten, Politkasper zu nennen. Sie sind dem Gemeinwohl verpflichtet, reden auch in diesem Sinne und hängen doch nur am Gängelband der Wirtschaft. Selbst Jesus geißelte ein solches Pharisäertum. Wie will man diese "Andersdenkenden" inspirieren? Sie befinden sich in freiwilliger Gefangenschaft, sie handeln systemimmanent und kassieren dafür reichlich ab. Auf wessen Kosten? Pflanzen und Tiere haben keine Stimme, aber wir haben eine! Wie verführbar ich selbst wäre, wenn man mir eine Machtposition anböte, ich weiß es nicht. Aber ich müßte es mir gefallen lassen, dass mich andere, die mir bei Ausübung meines Amtes Verlogenheit und Doppelzüngigkeit nachweisen könnten, einen Kasper nennen. Das in jedem Kasper eine unbescholtene Menschenseele schlummert, ist mir klar. Die schlummerte in jedem KZ-Wächter, nur berührt hat er sie nicht. Ist das ein Grund, diese Leute nicht beim Namen zu nennen? Wer sind wir, dass wir so großzügig Gnade walten lassen können. Das große Verzeihen muß man sich erarbeiten. Es ist ein langer Weg bis dahin. Ein Weg der Auseinandersetzung, mit sich selbst und mit anderen ...
Dirk

Lari hat gesagt…

Lieber Dirk,

was immer du dir gestattest, sei auch erlaubt ;-) Na klar, wir können „die da“ Politkasper, Schnarchnasen etc. nennen. Wir können Schuld zuweisen und Feindbilder aufbauen – genauso, wie die da. Mir geht es gar nicht darum irgendjemanden in Schutz zu nehmen, weil seine Handlungen immer aus einem bestimmten Kontext entstehen … Oder doch? … Mein eigentliches Anliegen bin immer ich selbst. Meine Handlungen und die Gründe dafür. Und wenn ich merke, dass ich gerade mal wieder mit dem Finger auf jemanden zeige, dann muss ich über mich selber lachen. Denn das ist einfach eine altbekannte Marotte von mir und uns. Man fühlt sich größer, besser, wenn man ein Gegenüber hat, das ganz offensichtlich die falsche Meinung hat … und man bleibt gefangen in einer sehr angenehmen Selbstgerechtigkeit.

Ich möchte gerne direkt auf deine Antwort eingehen:

Du schreibst: „Und da gibt es eben welche, die an einem spirituellem Wachstum nicht interessiert sind, sondern allein an ihren Vorteilen, welche sich natürlich nur auf Kosten anderer erzielen lassen. Die in ihrer Gleichgültigkeit (über die ich sicher auch verfüge, aber an der es zu arbeiten gilt) zu schlimmen Fingern werden, zu Tätern oder Mitläufern …“
Ich wäre bereit auch Frau Merkel/Steinmeier an ihrer Gleichgültigkeit arbeiten zu lassen. Die beiden haben einen langen Weg in ihrer merkwürdigen Welt hinter sich. Da dauert es vielleicht auch ein bisschen länger wieder zurück zu kommen ;-)

Du schreibst: „Sie befinden sich in freiwilliger Gefangenschaft, sie handeln systemimmanent und kassieren dafür reichlich ab.“
Ja, sicher. Sie wissen es nicht besser. Wie auch. Unsere Welt hat doch bisher genauso funktioniert. Die freiwillige Gefangenschaft ist das bekannteste Lebenskonzept – nur nennen wir es natürlich anders. Ich selbst habe bestimmt 20 Jahre gebraucht, um mir auf die Schliche zu kommen. Was nicht bedeutet, dass ich meine Erkenntnis auch immer sofort umsetzen kann.

Du fragst, wie man Andersdenkende inspirieren soll.
Na ja, du bist doch gerade dabei. Du schreibst jetzt schon das zweite Buch, das eine positive und vor allen Dingen machbare Vision aufzeigt. Und du erreichst eben nicht nur die sowieso schon Gleichgesinnten. Viele horchen auf. Du gibst Gedankenanstöße… Ihr gebt Gedankenanstöße … Das ist es, was mir so gefällt am Equilibrismus und vor allen Dingen an den Leuten, die dafür stehen. Mir werden intelligente Möglichkeiten aufgezeigt, aber ich werde nicht attackiert. Ich kann mich mit der Thematik auseinandersetzen ohne mich wehren zu müssen.

Und als Letztes: „Wer sind wir, dass wir so großzügig Gnade walten lassen können. Das große Verzeihen muß man sich erarbeiten. Es ist ein langer Weg bis dahin. Ein Weg der Auseinandersetzung, mit sich selbst und mit anderen ...“
Ja, wer sind wir und vor allen Dingen, wer wollen wir sein? Ein interessantes Thema mit dem ich mich im Moment sehr auseinandersetze. Ich glaube ja an Großzügigkeit, sie hat sich bewährt in meinem Leben. Und ich denke, dass es nichts zu Richten also auch nicht zu Verzeihen gibt. An diesen Gedanken muss ich mich aber noch gewöhnen ;-)

Danke für die Gedankenanstöße. Alles Liebe,

Lari

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